Ladylike vom Spitzenschuh bis zum Diadem: Die Ballerinen von „Les Ballets Trockadero de Monte Carlo“ tanzen elegant über die Bühne. Doch die Brusthaare, die in einigen Dekolletés wuchern, verraten es: Hier stecken Männer in den Tutus! Ab dem 26. August zeigt die New Yorker Truppe ihre Tanz-Comedy-Show in der Staatsoper. Die MOPO sprach mit Leiter Tory Dobrin (56) – über Ballettschuhe in Übergröße und Anfeindungen.
MOPO: Herr Dobrin, Ballett-Compagnien in aller Welt klagen über Mangel an männlichem Nachwuchs. Das Problem kennen Sie vermutlich nicht, oder?
Tory Dobrin: Stimmt. Wir sind eine kleine Truppe von nur 16 Tänzern und spezialisiert auf Comedy. Wer sich dafür eignet und zu uns will, der findet uns.
Ihre Truppe zeigt Ausschnitte aus berühmten Balletten wie „Schwanensee“ und baut perfekt inszenierte Pannen ein. Wer choreografiert das?
Unsere Tänzer sind alle auch Clowns, sie kommen ja deshalb zu uns, damit sie ihren Humor auf der Bühne zeigen können. Jeder hat verrückte Ideen, und die probieren wir aus. Wichtig ist, dass wir ganz unterschiedliche Gags einbauen, damit für jeden im Publikum etwas dabei ist.
Wer kommt in Ihre Shows?
Ein sehr gemischtes Publikum: typische Theatergänger, Ballettomanen, aber auch Comedy-Fans, Ehepaare mit der Frau als Ballett-Liebhaberin und dem Mann als Ballett-Hasser, und viele Schwule.
Russland, Heimat des Balletts, hat ein schwulenfeindliches Gesetz erlassen. Würden Sie dort noch mit Ihrer Show auftreten?
Ich bin froh, dass Sie danach fragen. Tatsächlich ist eine Tour noch in diesem Jahr geplant. Und ich denke, dass wir hinfahren sollten, um zu zeigen, dass wir keine Angst haben. Und um den Homosexuellen dort zu vermitteln: Ihr seid nicht allein!
Gab es je Anfeindungen in der Vergangenheit?
Homophobie gibt es überall. In London wurden Tänzer attackiert, als sie im Kostüm zum Rauchen kurz auf die Straße gingen. Manchmal gibt es auch aggressive Sprüche von Technikern in Theatern. Aber wir sind professionell, machen unser Aufwärm-Training, schminken uns, ziehen uns an…
Apropos Anziehen – sind die Spitzenschuhe Spezialanfertigungen?
Das waren sie früher. Inzwischen gibt es auch große Größen regulär zu kaufen. Mit einer Ausnahme: Ein Tänzer unserer Truppe hat enorm große Füße – Größe 47 – die müssen für ihn gefertigt werden.
Kann sich jeder männliche Fuß derart biegen?
Ich vergleiche es gern mit Tennis. Dort ist der Schläger ein Werkzeug, wie der Spitzenschuh im Ballett. Steffi Graf und André Agassi benutzen beide einen Tennisschläger, sein Spiel sieht kraftvoll aus, ihres elegant.
Bei den Trockaderos werden solche Erwartungen von „typisch männlich“ und „typisch weiblich“ gezielt auf den Kopf gestellt…
Ja, wir zeigen einen neuen Blick auf die Beziehung zwischen Mann und Frau. Aber in erster Linie machen wir Comedy. Das Publikum denkt nicht: Lass’ uns zu den Trocks gehen, die sind sicher beeindruckend. Nein, sie denken: Lass’ uns zu den Trocks gehen, das wird garantiert witzig!
Staatsoper: 26.-31.8., 20 Uhr, Sa auch 17 Uhr, So 19 Uhr, 23-61 Euro (Preview am 26.8. 14-46 Euro), Tel. 450118676, mehr Infos unterwww.hamburgische-staatsoper.de